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Digitaler Euro: Eine Währung wandelt sich

Digitaler Euro: Eine Währung wandelt sich

Die Kasseler Sparkasse ist als größtes regionales Kreditinstitut eng mit den Menschen in ihrem Geschäftsgebiet verbunden und ist mit fast 1.000 Beschäftigten ein bedeutender Arbeitgeber in und um Kassel. In 44 Beratungscentern, sieben Firmenkundencentern und einem Private-Banking-Center beraten die Experten der Kasseler Sparkasse ihre Kundinnen und Kunden bei allen Finanzangelegenheiten. 

Die flächendeckende Versorgung mit Bargeld und automatisierten Services rund um das Konto sind an insgesamt 76 Standorten gewährleistet. Das umfassende digitale Angebot ermöglicht es, Bankgeschäfte auch rund um die Uhr über die Internet-Filiale oder die Sparkassen-App zu erledigen.

2020 unterstützte die Kasseler Sparkasse mehr als 600 Projekte aus den Bereichen Kultur, Wissenschaft, Soziales und Sport mit rund 900.000 Euro.

Im herausfordernden Geschäftsjahr 2020 ist es dem Institut gelungen, die Ertragslage stabil zu halten und das Kundenvertrauen während der Pandemie auszubauen. Die Bilanzsummer des  regional größten Finanzdienstleisters stieg im Jahr 2020 auf 6,4 Milliarden Euro, der Kreditbestand auf 3,8 Milliarden Euro und der Einlagenbestand auf 5 Milliarden Euro.

Die Bankenwelt spricht über den digitalen Euro der Europäischen Zentralbank (EZB). Doch um was geht es, wie betrifft es künftig die Verbraucher im Euroraum? Über den digitalen Euro, verändertes Kundenverhalten während Corona und andere Themen haben wir mit dem Vorstandsvorsitzenden der Kasseler Sparkasse, Ingo Buchholz, gesprochen.

Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Vorweg:
… ein digitaler Euro wäre eine digitale Form von Zentralbankgeld. Er könnte von der breiten Bevölkerung in ähnlicher Weise genutzt werden wie Bargeld – nur eben in virtueller Form. Der digitale Euro könnte den Zahlungsverkehr beschleunigen. Einer der größten Vorteile des digitalen Euro wäre sekundenschneller Zahlungsverkehr, der genauso sicher wäre wie mit europäischem Bargeld. Die digitale Währung soll Kryptowährungen und Währungen ausländischer Privatkonzerne wie Facebook etwas entgegensetzen. Sie soll Bargeld nicht ersetzen, sondern bestenfalls ergänzen.

Und:
… da der digitale Euro die EZB als Sicherheit im Hintergrund hat, wird er einen festen Kurs haben – der grundsätzlich  weniger schwankt als beispielsweise der Bitcoin. 

© Harry Soremski

Ingo Buchholz 
Geb. 1965, ist verheiratet und hat einen 19-jährigen Sohn. Nach dem Wirtschaftsabitur in Celle arbeitete Ingo Buchholz bei den Sparkassen Hannover, Hildesheim und Soltau sowie als Verbandsprüfer für den Niedersächsischen Sparkassen- und Giroverband. In den Vorstand der Kasseler Sparkasse wechselte Buchholz 2006, bis er 2011 den Vorstandsvorsitz übernahm.

Mein Kassel: Was hat die Corona-Krise mit den Kunden von Banken und Sparkassen gemacht?
Buchholz: Wir haben einen deutlichen digitalen Schub auch im Zahlungsverkehr erlebt. Uns ist der Spagat gelungen, persönliche Beratung mit dem Einsatz digitaler Medien zu verbinden und unseren Kunden auch während der Krise verlässlich zur Seite zu stehen. 

Wie hat sich der Zahlungsverkehr verändert?
Die Bargeldquote, also die Zahl der reinen Bargeldgeschäfte wie am Geldautomaten, ist auf 60 Prozent zurückgegangen. Der Rückgang hat allerdings bereits vor der Pandemie begonnen. Wir gehen davon aus, dass Bargeld im Jahr 2023 nur noch 45 Prozent ausmachen wird.

Das ist doch im internationalen Vergleich immer noch hoch, oder?
Sicher, wenn man nach Schweden schaut, wo jeder fast alles mit Karte oder mit dem Handy bezahlt. Die Schweden sind an dieser Stelle wesentlich weiter, liegen bei einer Bargeldquote von 20 Prozent.

Bargeld kostet eine Sparkasse Geld. Infrastruktur, Regulierungen …
… und die Kosten für den Dienstleister, der die Geldautomaten versorgt. Insgesamt kostet uns das Bargeld im Jahr 5,3 Millionen Euro – Tendenz steigend.

Arbeitet Ihr Institut in Sachen Bargeld kostendeckend? Vom Riesenrummel mit hohen Kosten am Weltspartag wollen wir da gar nicht reden?
Nein, kostendeckend geht das nicht. Dennoch bieten wir unseren Kunden auch zukünftig flächendeckend diesen Service nahezu unentgeltlich an und haben unser Standortnetz nur moderat dem rückläufigen Bedarf angepasst.

Nun also die Debatte um den digitalen Euro. Welchen Nutzen hat ein Verbraucher, ein Sparkassen-Kunde davon?
Das ist eine gute Frage, denn der Durchschnittsbürger wird angesichts dessen, was der digitale Euro bringt, sagen: Das haben wir doch jetzt schon.

Wie das?
Naja, ich kann doch jetzt schon mit meinem Handy in Sekundenschnelle Überweisungen und Zahlungstransaktionen erledigen. Ich zahle bereits heute digital mit der Girocard. Aber das technische Niveau der Finanzinstitute ist eben nicht überall in Europa so hoch wie hier. Und da würden die Verbraucher die Vorteile intensiver spüren.

Wozu aber eine eigene Kryptowährung – man könnte doch sagen, es gibt doch schon genug …
Der digitale Euro hat den Riesenvorteil, dass die EZB für die Sicherheit des Zahlungsmittels Gewähr trägt. Es gäbe keine sprunghaften Kursschwankungen wie bei Kryptowährungen wie dem Bitcoin. Somit wäre der digitale Euro ein verlässliches, berechenbares Zahlungsmittel. Ein starkes Argument gegen andere Kryptowährungen.

Hätten Sie während Ihrer Ausbildung geglaubt, dass man sich bei Banken und Sparkassen mal mit Währungen auseinandersetzen muss, die es eigentlich nicht gibt, mit denen man aber Geld verdienen und verlieren kann?
Es zeigt sich immer wieder: Es gibt nichts, was es nicht gibt.

Digitalisierung – was heißt das denn für Sie und Ihr Team?
Digitalisierung gibt es mittlerweile in allen Bereichen unserer Sparkasse, Tendenz steigend. Die Anforderungen an unsere Mitarbeiter steigen demzufolge ebenfalls. Einfache Tätigkeiten und Prozesse wurden als erstes digitalisiert, so dass sich unsere Berater noch stärker auf die Beratung ihrer Kunden konzentrieren können. 

Und für Bankkunden ist seit einiger Zeit das oberste Stressthema das Stichwort „Zins“…
Nicht nur für die Kunden. Die Nullzinspolitik der EZB stresst uns als Institut auch gewaltig. Schließlich erwirtschaften wir 70 Prozent unserer Erträge aus der Zinsspanne.

Wir gehen davon aus, dass Bargeld im Jahr 2023 nur noch 45 Prozent ausmachen wird.

Ist da eine Veränderung in Sicht? Schließlich ist die Inflationsrate in Deutschland stark angestiegen, da könnte man doch eine Abkehr der EZB von ihrer strammen Haltung erwarten.
Ja, derzeit liegt die Inflationsrate zwischen drei und vier Prozent. Aber dafür gibt es ja auch plausible Erklärungen. Im vergangenen Jahr hatten wir wegen Corona den ermäßigten Umsatzsteuersatz. Den gibt es seit 1. Januar nicht mehr. Es gibt die Kohlendioxid-Steuer. Im vergangenen Jahr waren die Läden geschlossen – Liquidität ist aber da, die Leute kaufen jetzt mehr ein. 

Das heißt, dass Sie von einer vorübergehenden höheren Teuerung ausgehen?
Das wird sich nächstes Jahr wieder auf ein geringeres Niveau einpendeln.

Also nix mit höheren Zinsen?
Die EZB hat immer signalisiert, dass sie eine Inflationsrate von zwei Prozent akzeptieren werde. Sie wird sicher auch die derzeitigen Ausreißer nach oben in Deutschland als zeitlich befristetes Problem sehen und an der Zinspolitik nichts ändern. Die wird uns weiter stressen – sowohl die Sparkassen als auch die Kunden. Letzteren kommt allerdings unser Fokus auf die Beratung zugute, denn wir bieten durchaus Anlagemöglichkeiten, durch die unsere Kunden eine angemessene Rendite erzielen können.