Kassel – Die Wirtschaft im Bezirk der Industrie- und Handelskammer (IHK) Kassel-Marburg beurteilt die Aussichten im Frühsommer 2023 mit Skepsis. Der IHK-Klimaindex, der gewichtete Faktor aus gegenwärtiger und zukünftiger Lagebeurteilung, ist zwar leicht auf 106,2 Punkte (Jahresbeginn 102,2 Punkte) angestiegen, allerdings ist die sich zum Jahresanfang andeutende Dynamik im Wachstum ausgeblieben. Insbesondere die Perspektiven haben sich in vielen Branchen eingetrübt.
Der IHK-Klimaindex fällt in der Industrie auf 111,6 Punkte (Jahresbeginn 119 Punkte). „Der Industrie droht eher Stillstand statt prognostizierter Erholung. Die lahmende Weltkonjunktur spiegelt sich auch in unserer Region in einer schwächelnden Auslandsnachfrage der Betriebe im verarbeitenden Gewerbe wider“, sagt Dr. Arnd Klein-Zirbes, IHK-Hauptgeschäftsführer. Einzelhandel und Bauwirtschaft blicken ebenfalls pessimistisch in die Zukunft. Beide Branchen leiden unter inflationsbedingten Preiserhöhungen. Der Bauindustrie bereiten zusätzlich die gestiegenen Zinsen Schwierigkeiten. Überraschend gute Zahlen meldet das Gastgewerbe. Die Branche zeigt eine gehörige Portion Optimismus: Der Klimaindex steigt auf 117,4 Punkte (Jahresbeginn 92,9 Punkte).
Als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung nennen 67,8 Prozent der befragten Unternehmen in Nordhessen und der Region Marburg erneut den Fachkräftemangel. Mit 65,9 Prozent folgen die Energie- und Rohstoffpreise. „Der Fachkräftebedarf in Deutschland ist hausgemacht und verhindert in vielen Fällen Wirtschaftswachstum“, sagt Andreas W. Ditze, Gesellschafter und Geschäftsführer der tripuls media innovations gmbh in Marburg. 72,1 Prozent halten eine qualifizierte Zuwanderung für sehr wichtig beziehungsweise wichtig. „Die Rahmenbedingungen der Erwerbsmigration müssen verbessert werden. Hierzu gehören beispielsweise die Digitalisierung und die Beschleunigung der Verwaltungsverfahren wie die Bündelung von ausländerrechtlichen Aufgaben oder die Anerkennung von beruflichen Abschlüssen.“
Der unsichere Konjunkturausblick belastet zudem das Investitionsklima. Die Investitionsneigung bleibt auf einem eher niedrigen Niveau und fällt unter die Werte der Vorumfrage zurück. 29,4 Prozent (Jahresbeginn 33,7 Prozent) gehen von einer zunehmenden Investitionstätigkeit aus; 47,6 Prozent (Jahresbeginn 39,4 Prozent) von einer etwa gleichbleibenden. 23,0 Prozent (Jahresbeginn 26,9 Prozent) rechnen mit abnehmenden Investitionen.Die Hauptmotive für Investitionen sind Ersatzbedarf, aber auch Maßnahmen zur Rationalisierung. Investitionen in den Umweltschutz nehmen 27,2 Prozent der Unternehmen vor (Jahresbeginn 24,3 Prozent). Das Motiv, im Ausland zu investieren, um Kosten zu sparen, ist wieder auf dem Vormarsch.
Die Erwartungen an das Exportgeschäft bleiben über alle Branchen hinweg eher zurückhaltend.
Aus Sicht der IHK dürfte der Inflationsdruck in den kommenden Monaten nachlassen. Der private Konsum dürfte durch steigende Löhne sowie durch steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämien wieder anziehen. Dennoch stehen die Rahmenbedingungen eher auf Stagnation. „Ein breiter Aufschwung ist nicht in Sicht“, kommentiert Thomas Rudolff, IHK-Konjunkturfachmann, die Gesamtlage.
Quelle: PM IHK