Kassel – Modeschauen ins Digitale zu verlagern kann die Modeindustrie effizienter, nachhaltiger und kundenorientierter machen – das ist das Ergebnis einer Fallstudie von Forschenden der Universität Kassel und Kraków auf der Mailänder Modewoche. Virtuelle Models präsentierten dabei Kapuzenpullis in Form „digitaler Zwillinge“.
Ein digitaler Zwilling ist eine computergenerierte Darstellung von physischen Objekten. Mit ihnen lassen sich Produktionsschritte bis hin zur Optik von verschiedenen Stoffen und Passformen abbilden. Unternehmen, die die Technologie nutzen, geben neue Modeartikel nur dann in Produktion, wenn sie in den Rückmeldungen positiv bewertet wurden. Unter dem Strich steht das Ziel einer Wertschöpfung, in der Infrastruktur, Geschäftsmodelle, Waren und Dienstleistungen mit Nachhaltigkeit verbunden ist.
In der vorliegenden Fallstudie entwarf ein Unternehmen eine Reihe digitaler Kapuzenjacken und präsentierte die Produkte während der Mailänder Modewoche 2021 an virtuellen Models. Im Ergebnis sparte das Unternehmen in den Bereichen Produktion, Montage, Nähen und Färben der Kleidung erheblich an Kosten und Zeit. Außerdem wurde die gesamte Kollektion schneller umgesetzt. Weitere Kosten wurden bei Video- und Fotoaufnahmen, Postproduktion und logistischen Dienstleistungen für die Präsentation eingespart. Aber mehr noch: Mithilfe digitaler Zwillinge konnte das Unternehmen auf Rückmeldungen von Kunden reagieren und die Pullis auf ihre Vorlieben zuschneiden.
Die Untersuchung wurde durchgeführt von Prof. Dr. Ralf Wagner, Leiter des Fachgebiets Nachhaltiges Marketing an der Universität Kassel und Dr. Agnieszka Kabalska von der AGH University of Science and Technology, Kraków, Polen. Sie ist eine der ersten, die das Potential digitaler Zwillinge im Modesektor analysiert.
„Umwelt- und Sozialschäden reduzieren, ohne dabei den Zauber, die Versprechen und den Nervenkitzel der Mode mit all ihrem Glamour zu verlieren – das ist eine große Herausforderung für die Modeindustrie bei der nachhaltigen und digitalen Transformation“, resümiert Wagner. Aus den Ergebnissen schlussfolgert er: „Die Technologie des digitalen Zwillings ist ein revolutionäres Instrument, das auch Modeunternehmen auf diesem Weg enorm unterstützen kann.“
Publikation:
Wagner, R. & Kabalska, A. (2022). Sustainable value in the fashion industry: A case study of value construction/destruction using digital twins. Sustainable Development. https://doi.org/10.1002/sd.2474
Quelle: PM Uni Kassel