(Kassel-Waldau). Im kommenden Jahr feiern SDP ihr 25-jähriges Bühnenjubiläum mit einer bereits jetzt zu 75 Prozent ausverkauften Open Air Arena Tour. Vorgefeiert wurde gestern Abend in Kassel auf dem Messegelände. Motto des Konzerts: „Gute schlechte Vorbilder“.
Heiliger Scheiß! Das war eine Party, die niemand vergessen wird, der dabei war. Jedenfalls haben wir seit den seligen Zeiten vor Pandemie, Naturkatastrophen und weltweiten Kriegsszenarien so eine Stimmung nicht mehr erlebt.
Spaß am Leben
Musikalisch sind SDP keinem bestimmten Genre zuzuordnen, ihr Repertoire erstreckt sich über Crossover, Rock, Hip-Hop, Reggae und, so Vincent: „irgendwas mit Pop“. Um so eindeutiger ist ihre Absicht: Vincent und Dag spielen für ein Publikum von Teenagern und Erwachsenen, das abseits vom gesellschaftlichen Fundamentalismus noch richtig Spaß am Leben haben will. Die Frage ist ohnehin, ob diese Menschen vielleicht mehr in der Realität leben, als die, die zum Lachen in den Keller gehen oder sich schon gar nicht mehr trauen, zu lachen.
Doch zurück zum Konzert. Das begann mit sogenannten ‚Sicherheitshinweisen‘ einer Stimme aus dem Off: „Bitte nehmen Sie jetzt eine aufrechte Haltung an. Stellen Sie ihre Gespräche ein und bewegen Sie ihre Hände häufig, schnell und fest gegeneinander. Des weiteren sind sie verpflichtet, so laut und schräg, wie es geht, mitzusingen.“ Der letzte ‚Sicherheitshinweis’ lautete: „Wenn ihr von SDP aufgefordert werdet, gewisse Sachen mitzumachen, dann habt ihr das gefälligst zu tun.“
Vincent und Dag stürmten auf die Bühne, kollektive Erheiterung ergriff sšdie 8000 Fans auf dem ausverkauften Messegelände und alle stiegen mit voller Kehle in den Song „Wenn einfach so einfach wär“ iimit ein. Ein Abend voller Partysongs, Anekdoten und ironischer Sprüche, an dem der Alltag vor der Türe blieb, nahm seinen Lauf.
Kollektive Erheiterung
Es gibt Musikkenner, die ordnen das Werk von SDP in Nähe der Toten Hosen ein, andere bei den Ärzten, während die etwas Älteren Parallelen zur Ersten Allgemeinen Verunsicherung (EAV) sehen. Aber auch wenn manch Intellektueller mit diesem Gleiten zwischen den Stilen nichts anfangen kann, und einen Text wie „Deine Freundin, die kann Blasen an den Füßen nicht ertragen“ mit Recht in gefährlicher Ballermann-Nähe einordnet, das Duo weiß sehr genau, was seine Fans hören wollen und die wissen was sie von ihrer „bekanntesten unbekannten Band der Welt“ (Songtitel) bekommen.
Dazu gehört auch gelegentlich eine große räumliche Nähe, denn Vincent und Dag tauchten immer wieder in die Menge und wie sie mit dem Schlauchboot von der Bühne zum Mixer und wieder zurück ruderten, das muss ihnen erst einmal jemand nachmachen.
Fazit: SDP sind ein in alle musikalische und gesellschaftliche Richtungen strahlender Nexus der aktuellen deutschen Wackness. Kritik? Auf jeden Fall: Ihren Song „Wie viele Lieder muss ich noch schreiben?“ sollten sie allmählich mal ändern in „Wie oft muss ich dieses eine Lied noch schreiben.“
So soll es sein
Zwei weitere angenehme Erlebnisse haben für uns den Abend noch zusätzlich ‚rund‘ gemacht.
Die Begegnung mit Günther Maienschein, dem neuen Geschäftsführer vom Veranstalter MM Konzerte: Ein „Konzertmensch“ alter Schule, der immer noch selbst als Fan in den ersten Reihen steht. Das ist gut.
Auch die zweite Beobachtung verdient Bewunderung: Wie es dem Team von protex-Security unter seinem Einsatzleiter Oliver Sarau (Foto) gelungen ist, den ersten anstehenden Publikumstross von weit mehr als 1000 Fans innerhalb einer Viertelstunde mit Sicherheits- und Kartenkontrolle auf das Open Air Gelände einzulassen… Respekt 🙇♀️ Auch für den liebevollen und fürsorglichen Umgang mit in ihrer Mobilität eingeschränkten Menschen, denen eine volle Teilhabe an der Party ermöglicht wurde. So sollen gute Konzerte sein.