Wer sich nicht wandelt, verliert die Lebendigkeit, die Menschlichkeit. Das starre Festhalten am Überkommenen hat der DDR den Garaus gemacht. “Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!” Dieser Satz, der Gorbatschow zugeschrieben wird, ist zum geflügelten Wort geworden – als Mahnung für diejenigen, die unbeirrt am Alten festhalten. Nichts ist so beständig wie der Wandel.
Der Wechsel, die Veränderung sind lebensnotwendig geworden. Klimaschutz, weltweit gerechtes Wirtschaften, Stärkung der Demokratie in Gesellschaften von Menschen, die aus unterschiedlichen Kulturen kommen, der dringend anstehende Wandel in etablierten Institutionen wie Parteien und Kirche etc. fordern existentiell heraus.
Wohin der Wandel führt? Das können auch Zukunftsvisionäre wie Yuval Noah Harari mit seinem lesenswerten Buch “Homo Deus” nicht beantworten. Die notwendige Offenheit zum Wandel birgt Freiheiten und Chancen zur Entwicklung, aber es werden auch Gefahren gesehen: Genmanipulation, der künstliche Mensch, Totalüberwachung … Ängste und überwunden geglaubte Nationalismen, die sich dem Wandel verschließen, brechen auf. Gelingt es, die Menschen in einen Zukunftsprozess mitzunehmen? Oder spaltet sich die Gesellschaft weiter?
Auf dem Zukunftsweg, der sich nicht aufhalten lässt, braucht es auch das Verlässliche, die Beständigkeit. Wer sich nicht irgendwo festmachen kann, hat keine Identität und verliert seinen eigenen Kern. Da kann die Angst zum großen Verhinderer werden. Gibt es ein Bleibendes, das gleichzeitig zum immer wieder notwendigen Wandel öffnen kann? Das uns hilft, die notwendigen Fragen zu stellen und offen um Antworten zu ringen? Die Antwort kann jeder, kann jede nur für sich selber geben. Ich finde: Glücklich ist der Mensch, der um eine Verwurzelung weiß, die ihm Rückhalt gibt bei allen Aufbrüchen, die wesentlich zu uns gehören und von uns verlangt werden.
Harald Fischer ist Gemeindepfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Familia.